Parque National Alejandro Humbold
Ein Reisebericht von Christa, Karin und Astrid
Wir, drei deutsche Frauen der Gruppe „Ecomujer“, reisten im Februar 2007 nach Guantanamo im Osten Kubas, um von da aus den „Parque Nacional Alejandro Humboldt“ und den Ort Baracoa kennenzulernen. Da unsere Gruppe zur Zeit das Thema „Wasser“ als Arbeitsschwerpunkt hat, interessierte uns speziell dieser Aspekt. Obwohl wir unseren Besuch in Guantanamo nur einen Tag vorher angekündigt hatten, stand eine Übersetzerin zu unserer Verfügung und Franziska, die ökonomische Leiterin der Hauptverwaltung in Guantanamo CITMA (ciencia, tecnologia, medio ambiente), promovierend über das Thema „Wasserprobleme im Osten Kubas“ empfing uns im Büro sehr herzlich zu unserem offiziellen Besuch. Wir wurden den wichtigsten Mitarbeitern vorgestellt und erhielten per Powerpoint- Präsentation erste und wichtige Informationen über den Humboldt-Park: Er ist von beeindruckender Größe, in vier Sektoren aufgeteilt – wir sollten und konnten nur den Sektor Baracoa kennenlernen -, von den 26 Gemeinden, die innerhalb des Gebietes liegen, sind alle mit Schulen versorgt. Das Gebiet ist außerordentlich wasserrreich, von vielen Flüssen und Bächen durchzogen. Wir hörten auch von Problemen, die Infrastruktur des Gebietes betreffend, doch davon später mehr. So erhielten wir einen ersten Überblick, für uns gut verständlich; in unseren Augen verfügt das Büro über außerordentlich gutes Info- und Werbematerial.
In Baracoa angekommen wurde für uns eine Exkursion in den Sektor Baracoa organisiert. Wir lernten Laritza kennen, Florifauna-Expertin und Mitarbeiterin der Verwaltung des Sektors Baracoa mit insgesamt 11 Beschäftigten. Bei der Organisation des Transports in einem Kleinbus gab es einige Schwierigkeiten, doch letztendlich konnten wir starten. Erstes Ziel sollte das Besucherzentrum sein, oberhalb einer stillen, sehr reizvollen Bucht gelegen mit dem Namen „Bahia de Taco“.
Auf der Fahrt dorthin wurden wir mit einer üppiggrünen, paradiesischen Landschft verwöhnt, wobei sich Hügel, Berge, Flüsse und Strände abwechselten. In Bahia de Taco kann man bestaunen, was in den ca 10 Jahren seit Bestehen des Humboldt-Parks geleistet worden ist: Aus einfachen, natürlichen Materialien der Region wie Holz, Bambus und Palmblättern wurden zwei geräumige Hütten errichtet, eine mit Gemeinschaftsraum und Küche, die andere mit Schlafgelegenheiten für bis zu 20 Personen in traumhaft schöner ruhiger Lage oberhalb einer Meeresbucht, geplant und gedacht für Besuchergruppen, Brigaden, Studenten- und Praktikantengruppen.
Leider wird diese Möglichkeit im Moment kaum mehr genutzt, wohl jedoch von Mitgliedern der umliegenden Gemeinden, die hier ihre Versammlungen abhalten. Der Gedanke von uns: Vielleicht liegt die mangelnde Nutzung an bürokratischen Hürden? Auch die Regelung der Besuchserlaubnis für den Park blieb uns ein Geheimnis, es gab unterschiedliche und widersprüchliche Informationen.
Danach hatten wir die Gelegenheit mit Frauen unterschiedlichen Alters, z. T. mit Kindern, die an einer Bushaltestelle selbstgefertigte Lebensmittel (kleine Kuchen und Kokospaste) verkauften, zu sprechen. In ihrer Gemeinde gibt es keine geregelte Wasserversorgung – dies gilt im übrigen für 52 % der Gemeinden des Nationalparks. Problem ist die regenarme Zeit, in der die Frauen weite Wege zurücklegen müssen, um Flusswasser zu holen. Positiv zu konstatieren ist, dass alle Gemeinden mit Elektrizität versorgt sind. Leider gibt es so gut wie keine Beschäftigungsmöglichkeiten für diese Frauen, wohl für die Männer, die in Land- und Forstwirtschaft tätig sind. Auf uns wirkten die Frauen resigniert und mutlos, was sicherlich den mangelnden Zukunftsperspektiven geschuldet ist.
Nächste Station war Santa Maria, eine sogenannte Mustergemeinde, die zu den 48 % der Gemeinden gehört, die in den Genuss fließenden Wassers gekommen sind. Dort sammelt man Regenwasser in Zisternen und pumpt es in die Haushalte, Steinhäuschen mit kleinen Gärten; außerdem verfügen diese „Musterhäuschen“ über Toiletten und ein Abflusssystem.
Die Exkursion war für uns hochinteressant, weil wir in Augenschein nehmen konnten, was im Sektor Baracoa schon alles geleistet worden ist, aber auch welche Probleme, vor allem in den Gemeinden noch zu bewältigen sind.
Erwähnenswert ist außerdem die Besichtigung einer Indiohöhle am Rand von Baracoa gelegen, ein noch nicht so lange existierendes Museum mit Originalfunden aus der Zeit der Ureinwohner Kubas, die uns Franziska ebenfalls ermöglichte und die eine gute und lebendige Vorstellung der Indioepoche vermittelt.
Höhepunkt unseres Aufenthaltes in Baracoa war ein Ausflug zum El Yunque (Amboss), diesem durch seine Ambossform beeindruckenden Berg, der weithin nicht zu übersehen ist. Mit dem Kleinbus gings bis zu einem Campismo (Campingplatz) und ab da unter Führung der erfahrenen Florifauna- Kennerin Laritza zu Fuß. Sie erklärte uns unterwegs die vielfältige und für uns sehr exotische Flora, wies immer wieder auf die medizinische Nutzung vieler Pflanzen hin oder benannte endemische, d.h. nur in Kuba vorkommende Gewächse. An einem Fluss entlang gings langsam bergauf; dieser – gar nicht so flach mit ordentlicher Strömung – war zu überqueren, der Pfad wurde enger und steiler, die Luft feuchter, bis man sich plötzlich einem hohen Wasserfall mit einem Naturschwimmbecken gegenübersah.
Eine abenteuerliche, sehr beeindruckende und unvergessliche Wanderung!
Zusammenfassung
Wir haben zwar nur einen von vier Sektoren des Humboldt-Nationalparks kennengelernt, aber anhand dessen sozusagen exemplarisch viel gesehen, erfahren, gelernt und verstanden. Einige Probleme sind nicht zu übersehen, diesen gegenüber stehen jedoch auch große Leistungen und Erfolge.
So haben 48% der Gemeinden fließendes Wasser, alle haben Strom und Schulen für die Kinder. Es ist viel passiert: Die Pflanzen- und Tierwelt wurde und wird kartiert, diese Erkenntnisse werden u.a. für die medizinische Forschung genutzt.
Es gibt eine zufriedenstellende Öffentlichkeitsarbeit und Werbung für den Besuch des Parks. Wir sehen große Möglichkeiten für den Ökotourismus, der auch in der Planung vorgesehen ist. Der Park stellt in unseren Augen ein unschätzbares Juwel dar – aufgrund seiner Biodiversität und vieler endemischer Pflanzen- und Tierarten.
Der Nationalpark besteht erste seit ca 10 Jahren – in diesem Zeitraum ist enormes geleistet worden.
Handlungsbedarf besteht unserer Einschätzung nach in folgenden Bereichen:
– es gibt noch zu häufig Transportprobleme
– die Bewilligungspraxis für Besucherscheine ist unübersichtlich, kompliziert und schreckt Besucher eher ab; zu viele bürokratische Hürden
– für Ökotouristen fehlt es noch an guter Werbung, klaren Informationmen und Zuständigkeiten
Unsere Frage und Sorge ist auch: Wie geht es weiter, wenn die Stiftung der Grünen die finanzielle Unterstützung kürzt oder gar streicht? Wie gestaltet sich weiter die Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität Berlin?
Nach den ausgesprochenen Sorgen und Kritikpunkten nun noch ein letztes Wort zu Baracoa und den in dieser Region lebenden Menschen:
Baracoa ist zwar ein sehr entlegener Ort auf Kuba, für uns jedoch der schönste, paradiesischste, üppigste, ein ganz besonderes Plätzchen, das sich seine Ursprünglichkeit bewahrt hat, mit einer eigenen Atmosphäre und großen natürlich Schätzen ausgestattet, ein einmaliges Kleinod. Diese Einmaligkeit trifft auch auf das Casa de la Trova zu, in dem jeden Abend eine unvergleichliche Atmosphäre herrscht: Man spielt die Musik des Ostens Kubas, den Son, aber auch den Bachata und spätestens beim Tanz fühlen sich Einheimische und Touristen wie zu einer großen Familie gehörig; hier haben wir sehr sehr bezaubernde aber auch fröhliche Abende verlebt.
Und erst die Menschen: Sie begegneten uns immer sehr entgegenkommend, offen, hilfsbereit und freundlich; ohne sie, besonders ohne Franziska, ohne Malvis, unsrere Übersetzerin, ohne Laritza hätten wir viel weniger gesehen und verstanden – sie haben uns eine ganz andere Welt eröffnet, die wir nie wieder vergessen werden.
„Nie sah ich ein schöneres Land noch freundlichere Menschen“ soll Kolumbus bei seiner Landung in Baracoa ausgerufen haben…. wie wahr!
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