Bericht: Diskussionsreihe „Vom Süden Lernen“ September 2015
mit Reina Maria Rodriguez García aus Cuba über Nachhaltige Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals)
Seit etwa 2 Jahren ist die Ernährungssouveränität und Urbanes Gärtnern ein Schwerpunkt unserer EcoMujer-Arbeit. Wir unterstützen „Comida excelente“ – Setzlinge und Schüler_innen gemeinsam wachsen, das kleine Pilotprojekt zur Verbesserung der Ernährung in Schule und Gemeinde, das von unseren cubanischen EcoMujeres in der Provinz Pinar de Rio initiiert wurde.
Um unserer Grundidee des Voneinander Lernens nachzugehen, war es uns wichtig, die Projektleiterin von „Comida excelente“ und Mitbegründerin von EcoMujer, Reina Maria Rodriguez Garcia nach Deutschland einzuladen, um den Austausch auch hier weiterzuentwickeln und über die aktuellen Entwicklungen in Cuba zu informieren, wo es viele interessante Entwicklungen zum Thema Ernährungssouveränität gibt.
Dank der finanziellen Unterstützung durch die Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW, der Rosa Luxemburg Stiftung (RLS), dem Verein der Bundestagsfraktion DIE LINKE e.V., der Fraktion DIE LINKE im Landtag von Sachsen-Anhalt sowie weiteren Einzelspenden konnten wir ein umfangreiches dreiwöchiges Besuchsprogramm organisieren, mit Besichtigungen, Workshops, öffentlichen Veranstaltungen und natürlich auch dem persönlichen Austausch und Fiestas.
Wir haben in der Vorbereitung viele neue Kontakte knüpfen können, die für unsere weitere Arbeit von Nutzen sind und haben zwei neue EcoMujeres, drei Fördermitgliedern und über 50 neue Abonnentinnen für unsere Mailingliste gewonnen.
EcoMujer hat zum ersten Mal zu einem Pressegespräch eingeladen, das Ergebnis ist ein Interview im ct Radio in Bochum und ein Interview mit Reina im neuen deutschland, das ebenso wie die Videos der Veranstaltungen in NRW und die 73- minütige Dokumentation auf unserer Webseite zu finden sind.
Veranstaltungen in Düsseldorf und Aachen
Reinas erster Auftritt war die Gartenklatsch-Veranstaltung in Düsseldorf zum Thema „Wachstum und Buen Vivir nur im Garten vereinbar?“, bei der der Austausch mit zahlreichen lokalen Initiativen wie food sharing, Solidarische Landwirtschaft, „Düsselgrün“, Transition Town und dem Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt gelungen ist. Diese fand in der Halle „Leben findet Stadt“ statt, was auch als ein Projekt zur Realisierung des Buen Vivir verstanden werden kann.
Beim Workshop in Aachen im Gemeinschaftsgarten Hirschgrün fand ein sehr direkter Austausch nicht nur über die pädagogische Arbeit im Garten statt, sondern auch über die konkrete Gartenarbeit. Hier konnte Reina Maria Rodriguez Garcia auch ihre Kompetenz in praktischer Arbeit unter Beweis stellen. Dankbar wurden ihre Informationen zu natürlichem Insektenschutz aufgenommen, wie z.B. das Pflanzen von Mais zur Abwehr von Insekten.
Auf nach Berlin
Danach ging es nach Berlin, wo neben einer Besichtigung der Stadt und des Bundestags auch die Teilnahme am Kongress Solikon2015 (Solidarische Ökonomie und Transformation) gehörte, der in der TU Berlin tagte. Reina war Referentin im Forum „Gemeinschaftsgärten, städtische Kleinlandwirtschaft in Äthiopien, Bangladesch und Kuba“, an dem auch Maria Mies teilnahm. Es gab einen lebhaften Austausch zu den Entwicklungen und Umsetzungen in Cuba, Deutschland, Bangladesch und Äthiopien (Asmelash Dagne Dtiko). Ein Ergebnis der Diskussion war die Feststellung der unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedingungen in Bezug auf kostenlosen Zugang zu Saatgut und die systematische Einbeziehung der Fragen des „Urban Gardening“ in die Lehrpläne an Universitäten in Cuba.
Wir besuchten u.a. noch den Workshop „Feministische Ökonomie“ mit dem Hauptaugenmerk auf wissenschaftliche Fragestellungen und den Workshop „Weiblich wirtschaften! Solidarisch? Nachhaltig?!“ mit eher praxisbezogenen In-Puts und Diskussionen. Wichtig auf dem Kongress waren auch die persönlichen Gespräche „am Rande“, wodurch neue Kontakte und Vernetzung geschaffen werden konnten, z.B. zu Madeleine Porr und dem Projekt „El pan alegre“ und Frauen von cuba sí Hamburg, die das „Proyecto comunitario – die Konservierung von Lebensmitteln“ vorstellten.
Bei einem Austausch mit Mitarbeiter_innen in der RLS in Berlin, ging es schwerpunktmäßig um die aktuellen politischen Entwicklungen in Cuba. Zum Thema Ernährung wurde festgestellt, dass es in Cuba und Deutschland trotz vielfältiger „Aufklärung“ zum Thema „gesunde Ernährung“ in beiden Ländern deutliche Trends zu Fast-Food bei den Essgewohnheiten gibt. In Cuba ist aber im Gegensatz zu Deutschland keine Werbung für „Fast-Food“ erlaubt.
Natürlich durfte auch ein Besuch und Veranstaltung im Prinzessinnengarten nicht fehlen, wurde der Gründer des Gartens doch von den „organopónicos“ und der sich darum entwickelten Community inspiriert. Es wurden die unterschiedlichen Rahmenbedingungen in Cuba und Berlin diskutiert, auch bzgl. der Eigentumsverhältnisse. Für Reina war es unverständlich, dass der Prinzessinnengarten privatisiert werden sollte und es nur dank einer breiten Solidaritätsbewegung verhindert wurde. Auch war für sie neu, dass in Kübeln und Säcken gepflanzt wird, um mobil zu bleiben.
Veranstaltungen in Düsseldorf und Bonn
Wieder zurück in Düsseldorf wurden auf der Veranstaltung „Kommunen in der Einen Welt – Urbane Agrikultur im Norden und Süden. Welche Rollen spielen die Frauen?“ die Gender Aspekte beleuchtet. In einem spannenden Vergleich zwischen zwei Ländern des Südens, Cuba und Nicaragua wurden Gemeinsamkeiten – die Notwendigkeit von urbanen Gärten zur Sicherung der Ernährung aber auch Unterschiede z.B. in Bezug auf die Besitzverhältnisse an Grund und Boden herausgearbeitet.
Auf der Veranstaltung „Nachhaltige Stadtentwicklung am Beispiel von Schulgärten in Kuba und Deutschland“ in Bonn im Gemein-schaftsgarten Ermekeil-kaserne diskutierte Reina mit Dr. Birgitta Goldschmidt, freie Schulgartenberaterin, Gründerin des Generationen-SchulGartens in Koblenz und Koordinatorin der AG Schul-garten Rheinland-Pfalz die unterschiedlichen pädagogischen Konzepte und Nutzungen der Schulgärten in Cuba und Deutschland sowie deren Bedeutung und Wirkung über die Schule hinaus.
Am nächsten Tag ging es dann nach einer äußerst informativen Stadtbesichtigung durch die „Essbare Stadt“ Andernach weiter nach München.
München und Umgebung
In München konnte sich Reina bei einem Ausflug ins nahegelegene Mangfalltal über die sichere und qualitativ hochwertige Trinkwasserversorgung der Stadt informieren. Mit Joachim Schwank vom Umweltreferat diskutierte Sie Standards und Entwicklungen für die Erstellungen kommunaler Nachhaltigkeitsberichte. Reina konnte eine Liste von Indikatoren, auf Spanisch übersetzt mitnehmen und wird die Idee an der Uni und im Kommunalen Bereich in Cuba vorstellen. Der Referent stellte heraus, dass Cuba als einziges Land der Welt sowohl einen hohen HDI (Human Development Index) als auch einen sehr geringen Ökologischen Fußabdruck besitzt. Das gilt es zu halten. Das wurde auch auf der öffentlichen Veranstaltung mit dem Thema „Nachhaltige Entwicklung als Bildungsauftrag und wie urbane und schulische Gärten dazu beitragen“ aufgenommen. EcoMujer hat zusammen mit der GEW, den Verdi-Frauen und Cuba-Solidaritätsgruppen wie GRANMA eingeladen um jeweils die Situation in Cuba bzw. Pinar del Rio und in München kennen zu lernen. Reina stellte die Situation in Cuba dar und Britta-Marei Lanzenberger von der Stiftungsinitiative Urbane Gärten München die Entwicklung der Gärten in München vor.
Wir werden den begonnen Dialog fortsetzen mit unserer für März 2016 geplanten Reise nach Cuba zum „20jährigen“ unseres FrauenUmweltProjekts EcoMujer.
Ein Bericht von Monika Schierenberg, Kristine Karch und Siga Luthner
(aus Rundbrief EcoMujer Nummer 6 Ausgabe 2015/2016)