„Meinungsvielfalt“ auf dem 5. Weltwasserforum in Istanbul
17. März 2009: Stellungnahme aus Istanbul
von attac, Ecomujer und su-ko
Bei der Eröffnung des 5. Weltwasserforums in Istanbul am 16. März 09 wurden zwei Umweltaktivistinnen von der NGO „International Rivers“ , Ann-Kathrin Schneider aus Deutschland und Payal Parekh aus den USA von der türkischen Polizei festgenommen, als sie bei der Eröffnungsveranstaltung ein Transparent mit der Aufschrift „No Risky Dams“ entrollten. Sie wurden den ganzen Tag und die Nacht in Polizeigewahrsam genommen. Ann-Kathrin Schneider wurde heute morgen nach Deutschland ausgewiesen, Payal Parekh in die USA. Die Begründung für das unangemessene Vorgehen der Polizei war, dass die beiden mit ihrer Aktion „die öffentliche Meinung beeinflussen würden“. Wenn sie dieser Ausweisung nicht zugestimmt hätten, drohten ihnen laut Aussagen von türkischen Anwälten eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und mehr.
Welches Verständnis von Meinungsfreiheit existiert auf dem Weltwasserforum und in der Türkei? Es war eine friedliche Aktion und viele Menschen im Forum applaudierten.
Fast zeitgleich zur Festnahme im Forum fand vor dem Eingang des Konferenzgebäudes eine friedliche Kundgebung mit den Forderungen: „Wasser ist Menschenrecht und keine Ware“. „Wasser ist Leben, es kann nicht verkauft werden“ und „Ausreichend Wasser für alle“ Es nahmen etwa dreihundert Menschen teil, darunter internationale AktivistInnen aus Umwelt- und Wasserbewegungen. 26 Türkinnen und Türken, KritikerInnen aus Umweltbewegungen, Gewerkschaften und linken Parteien wurden festgenommen, unter ihnen gab es auch einige Verletzte. Sie befinden sich noch immer in Polizeigewahrsam. Wir fordern ihre sofortige Freilassung und keine Verurteilung für diese Aktion des zivilen Ungehorsams.
Es muss das Recht von zivilen Bewegungen sein, ihre Meinung zum Thema Staudämme und Wasserprivatisierung frei äußern zu können.
Das Weltwasserforum ist kein offenes Forum, es wird bestimmt von den Interessen der Weltbank und internationalen Konzerne. Es akzeptiert keine Meinungsvielfalt in Wasserfragen. Der Weltwasserrat vertritt nicht, wie er behauptet, die Interessen der Mehrheit der Weltbevölkerung. Die meisten Gruppen der zivilen Wasser- und Umweltbewegungen sind ausgeschlossen, weil sie die hohen Eintrittspreise zum Weltwasserforum nicht zahlen können. Vor allem Organisationen und Bewegungen aus dem Süden haben nicht die Möglichkeit teilzunehmen.
Wir verurteilen aufs Schärfste die aus unserer Sicht aggressive Reaktion der türkischen Polizei. Wir fordern den Weltwasserrat, die deutschen RegierungsvertreterInnen und die deutschen TeilnehmerInnen des Weltwasserforum auf, sich für Meinungsfreiheit einzusetzen und die undemokratischen Maßnahmen der Polizei hier in Istanbul deutlich zu verurteilen.