Laudatio von EcoMujer für Margaret Buslay Düsseldorf Friedenspreisträgerin 2020
Der diesjährige Düsseldorfer Friedenspreis wurde am Antikriegstag, dem 1. September 2020 an Marget Buslay verliehen. Der Preis wird alle zwei Jahre von den Düsseldorfer Friedensgruppen Friedensforum, pax christi und Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) verliehen.
Laudatio: Monika Schierenberg, EcoMujer
Ich kenne Margaret seit vielen Jahren und habe sie als tolle, mutige, engagierte und zuverlässige Frau kennengelernt und erlebt.
Margaret ist aufgewachsen in einem christlich-konservativen und kleinstädtischen Milieu in Andernach – heute essbare Stadt-, eine der ersten in Deutschland!
In der Familie wurde über den 2. Weltkrieg „als eine schreckliche Zeit“ gesprochen.
Nachdem dem Abitur wollte sie raus aus dieser Enge und studierte in Bonn an der PH Lehramt für Grund- und Hauptschule. Als junge Frau entwickelte sie Neugier für andere Sprachen und Kulturen und die Grundhaltung, dass Kriege nicht zur Lösung von Konflikten führen entwickelte sie schon früh, aber es war eine Einstellung, die während ihrer Schulzeit und ihres Studiums noch nicht in politisches Engagement mündete. Ihr erster größerer Auslandsaufenthalt führte sie 1978 nach Haiti. Es motivierte sie eine kleine Gruppe, das „Haiti Informationsbüro“ mit auf zu bauen.
Ihre erste große Demo erlebte Margaret 1980 in Brokdorf und ab Anfang der 80iger Jahre war sie bei den großen Friedensdemonstrationen gegen die atomare Bedrohung und den Nato-Doppelbeschluss in Bonn dabei. Interessiert und beeinflusst haben sie in dieser Zeit insbesondere die Ideen der Befreiungstheologie. Dorothee Sölle war für sie eine Frau, die sie geprägt hat.
Persönliche und politischer Impulse erhielt Margaret ab Ende der 70iger auch durch ihre Mitgliedschaft in der Ökumenischen Initiative Eine Welt, es ging um Themen, die bis heute aktuell sind: Frieden und Gerechtigkeit, Ernährung, Energie, Massentierhaltung und darum Alternativen zu entwickeln im Persönlichen und Politisch!
1982 wurden ihre Zwillinge Bea und Pascal geboren und ab 1983 bereitete sie sich gemeinsam mit ihrem Mann Winfried auf ihren ersten Auslandseinsatz vor, organisiert wurde er von der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe und konkret begleitet von einer Schweizer Missionsgesellschaft, die der Befreiungstheologie nahestand. Die Vorbereitungszeit verlängerte sich, da 1984 Luis geboren wurde.
Nach intensiver Vorbereitung lebten sie von 1986 bis 1988 als Familie mit drei kleinen Kindern in Kolumbien in einem Dorf in der Region Sucre. Es liegt südlich von Cartagena und es leben dort Afrokolumbianer*innen. Margaret bezeichnet diesen Einsatz als „Basiseinsatz“, sie lebten im Dorf in einfachen Verhältnissen gemeinsam mit den kolumbianischen Familien. Sie bekamen keine Vergütung, sondern ein Taschengeld. Es war ihnen dennoch klar, dass sie privilegiert und abgesichert waren, sie hatten eine Krankenversicherung und Anspruch auf ärztliche Versorgung und gesicherte Arbeitsplätze in Deutschland nach ihrer Rückkehr. Ihre älteren Kinder gingen in die Dorfvorschule und sprachen selbstverständlich spanisch. Das wesentliche Motto war: „Voneinander Lernen“! Margaret erfuhr den krassen Gegensatz von Arm und Reich, sie lernte den Klassengegensatz zwischen Großgrundbesitzern und landlosen Bauern hautnah kennen. Sie hatten Kontakte zur Basiskirchenbewegung und erfuhren von und erlebten die Verfolgung von Bauern und Bäuerinnen aus den Bauernkomitees zur Landrückgewinnung. Margaret unterstütze insbesondere auch die Frauen, die ein eigenes Bäuerinnenkomitee gründeten. Das war sehr konkrete praktische Arbeit, keine „feministische Schulung“. Themen wie Gewalt an Frauen wurden noch nicht offen thematisiert im Dorf. Margarets eigene Zugänge zum Feminismus entwickelten sich schon in der Schulzeit und während des Studiums, wo sie begann feministische Literatur zu lesen, aber eigentlich noch viel früher durch ihre Oma, die eine bestimmende Persönlichkeit in der Familie war und dafür eintrat, dass Frauen selbständig leben können. Ihr Interesse für Cuba, Feminismus und Umweltfragen führte dazu, dass Margaret mit uns EcoMujeres 2016 zum ersten Mal nach Cuba reiste und seitdem als Fördermitglied unsere Arbeit inhaltlich und politisch soweit es ihr möglich ist tatkräftig unterstützt! 2018 organisierte sie für EcoMujeres und Freundinnen eine sehr spannende Reise nach Kolumbien. Die mitfahrenden Frauen erlebten sie als eine zugewandte, solidarische und gut vernetzte Frau, die unermüdlich ist und von sich aber auch anderen politischen und persönliches Einsatz fordert.
Dass die herrschende Presse, die Presse der Herrschenden ist erlebte sie auch schon bei ihrem ersten Arbeitseinsatz in Sucre sehr konkret: Als in der Region, wo sie lebte eine Militärstation errichtet wurde, die von den Großgrundbesitzern gut versorgt wurde, nahmen die Bespitzelungen, Bedrohungen und selektiven Morde zu, Polizei und Militär standen klar auf der Seite der Großgrundbesitzer. Auf dem Rückweg von einer Bauernversammlung hat ein wütender Großgrundbesitzer im Nachbardorf in die Menge geschossen, ein 10jähriger Junge wurde ermordet. In den Medien publiziert und verbreitet wurde, dass ein Guerillero im Kampf gefallen sei!
Nach ihrer Rückkehr aus Kolumbien wurde Margaret ab 1989 im Lateinamerika- Arbeitskreis in Düsseldorf aktiv mit dem Schwerpunkt Kolumbien! In dieser Zeit lernte sie auch Gaby Pucher kennen, die zu der Zeit vor allem Solidaritätsarbeit zu El Salvador organisierte. Sie sind bis heute gute Freundinnen.
Seit 2000, also seit 20 Jahren! arbeitet Margaret intensiv bei pax christi zum Themenschwerpunkt Menschenrechtsarbeit für Kolumbien. Gewonnen für diese Arbeit wurde sie von Christine Klissenbauer, einer Freundin und politischer Weggefährtin bis heute!
Natürlich gab und gibt es auch viele Freundinnen und Weggefährt*innen in Kolumbien genannt seien stellvertretend ihre langjährige Freundin Alcira, der sie schon bei ihrem ersten Arbeitseinsatz begegnete und Padre Gabriel Diaz. Er ist einer der ersten Befreiungstheologen, den sie später in Medellín kennenlernte, er verstarb leider im letzten Jahr.
Als ihre Kinder erwachsen waren, konnte Margaret wieder für 2 Jahre von 2004 bis 2005 in Kolumbien arbeiten, dieses Mal im Zivilen Friedensdienst über PBI. Peace Brigades International ist eine nichtstaatliche internationale Friedens- und Menschenrechtsorganisation, die durch Präsenz internationaler, unbewaffneter Freiwilligenteams bedrohte. Menschenrechtsverteidiger*innen in Konfliktgebieten begleitet und international agiert. Margaret war tätig in Urabá vor allem in der ländlichen Friedensgemeinde San José de Apartadó, in Bogota und in Medellín. Wichtige Aufgabe bei diesem Einsatz war die politische Lobby Arbeit, aber auch direkte Begleitung von Menschenrechtsaktivist*innen wie z.B. Anwält*innen, Angehörigen von Verschleppt-Verschwundenen oder von einer Organisation, die politische Gefangene in Gefängnissen besucht und unterstützt. Die Begleitung dient dem Schutz dieser Menschen. In dieser Zeit lernte Margaret auch Aktivistinnen aus Frauengruppen und – netzwerken kennen und ihre Arbeit, wie ruta pacífica de mujeres und das red feminista antimilitarista, insbesondere ihren Einsatz gegen die Feminizide (Ermordung von Frauen).
Auch wenn Margaret nach ihrer Rückkehr in Deutschland wieder engagiert wichtige Menschenrechts- und Friedensarbeit leistete, zog es sie schon bald wieder nach Kolumbien zurück.
Von 2007 bis 2010 lebte sie in Medellín und arbeite in einem Projekt -ausgeschrieben vom evangelischen Entwicklungsdienst- für und mit einer kolumbianischen NGO, IPC ( Instituto Popular de Capacitación) im Bereich Mediation, Konfliktbearbeitung und Streitschlichtung in Schulen und Kommunen. IPC arbeitet auch in vielen anderen Themenbereichen wie z.B. Bergbau und Begleitung von Opferorganisationen. Die Arbeit der Organisation umfasst partizipative Sozialforschung, politische Bildung und Pressearbeit. Neben ihrem Arbeitsschwerpunkt lernte sie auch die anderen Bereiche kennen. Aber Margaret pflegte auch weiter Kontakte zu den Menschen aus den früheren Arbeitseinsätzen und engagierte sich mit ihnen.
Wütend macht sie es, dass in unseren Nachrichten über die zahlreichen und schweren Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien so gut wie gar nicht berichtet wird, dass auch in den etablierten Medien die nachgewiesene Verantwortung des Staates für zahlreiche Verbrechen und die extreme Straflosigkeit kein Thema sind und auch dessen Opfer in der Regel nicht zu Wort kommen. Diese würden nicht zum gewünschten positiven Bild des besten Freundes der USA passen, der laut unserem derzeitigen Außenminister die „westlichen Werte“ mit uns teilt. Über die immer weiterwachsende „ökonomische Schere“ in Lateinamerika, aber auch bei uns ist sie sehr besorgt.
Hoffnung gibt es ihr zu sehen, wie wieder zunehmend junge Menschen sich kritisch mit der Globalisierung auseinandersetzen und in der Klimagerechtigkeitsbewegung engagieren. Kraft und Motivation geben ihr auch die Menschen in Kolumbien, die trotz unglaublich schwieriger und zum Teil lebensbedrohender Bedingungen sich einsetzen für Frieden, Menschenrechte und gesellschaftliche Veränderungen.
Margaret hat mir gesagt, dass sie sich da einsetzt, wo sie sich am besten auskennt! Ja du kennst dich sehr gut aus in Kolumbien, in der Frage des „Friedensprozesses“ und Menschenrechten. Aber du bist eine Frau, die vernetzend denkt und du siehst die internationalen Interessen, Verflechtungen und Zusammenhänge, du schaust über den Tellerrand und denkst und handelst als Internationalistin. Du gibst Impulse durch deine Beiträge auf den Demonstrationen der fridays for future Bewegung, bist Mitglied bei Attac, du engagierst dich gegen Rüstungsexporte und Atomwaffen in Büschel und, du trittst ein für Klimagerechtigkeit und bist dabei, wenn es darum geht den Abbau der Braunkohle zu stoppen und die Dörfer zu erhalten! Ab 2014 warst du auch einige Jahre im Flüchtlingscafé in Erkrath aktiv und hast dort Deutschkurse gegeben.
Du denkst und handelst feministisch und aus der Perspektive der Menschen des Südens und warst immer an der Seite deren, die von den Herrschenden bedroht werden!
Margaret, danke für deinen unermüdlichen Einsatz! Bleib so hartnäckig und fordernd!
Genieße weiterhin Kultur und bewahre dir die Freude beim Salsa tanzen, Singen und Trommeln!
Ich und wir hoffen, noch viele Jahre voneinander lernen und gemeinsam kämpfen und aktiv sein zu können!
Eine andere Welt ist möglich!